Chrsitkindla eihetschen - so grüßt Kulmbach das Christkind
Brauchtumspflege auf der Plassenburg
Montag, 23. Dezember 16:30 Uhr
Kulmbach — Es ist schon dunkel am Heiligen Abend, die Christvesper beendet. Doch es stehen noch viele Menschen auf dem Kirchplatz und schauen erwartungsvoll hoch zum Turm der Petrikirche. Dann geht ein Raunen durch die Menge: Dort oben erstrahlt ein Licht, von unsichtbarer Hand bewegt, sanft schaukelnd wie ein Kind in seiner Wiege. Die Musik spielt: Kulmbach heißt das Christkind willkommen.
In früheren Zeiten war das „Christkindla eihetschen“ ein beliebtes Heiligabendritual, doch es ist in Vergessenheit geraten. Die Freunde der Plassenburg möchten das ändern. Sie beleben den alten Brauch dieses Jahr neu – mit ein paar Änderungen. Das Licht erstrahlt nicht vom Turm der Petrikirche, sondern vom Kranzturm der Plassenburg.
Was es mit dem „Eihetschen“ genau auf sich hat, hat Andrea Senf herausgefunden. Die Kulmbacherin hat vor einigen Jahren mit fleißigen Helfern dafür gesorgt, dass viele der handschriftlich erhaltenen Erinnerungen und Geschichten der 1854 geborenen und 1944 verstorbenen Heimatschriftstellerin Elise Gleichmann in einem Buch veröffentlicht wurden.
In den Notizen entdeckt Andrea Senf Schilderungen des einst so beliebten Brauchs, der wohl etwa bis um das Jahr 1900 in Kulmbach gepflegt wurde und von denen sie den Gästen auf der Burg ein wenig erzählen wird. Abends nach dem Gottesdienst sei auf dem Kranz des Petrikirchturms das Weihnachtslied „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ gesungen worden. Gleichmann schreibt: „Jeder Sänger war mit einer bunten Laterne versehen. Während des feierlichen Aktes wurde durch die Schalllöcher des Turmes in großen Bogen eine sehr große brennende Laterne hin und her geschwungen. Durch die große Entfernung von der Straße konnte man nicht bemerken, dass dies nur eine brennende Laterne war. Man sah nur, dass scheinbar ein größerer goldener Gegenstand
unaufhörlich hinaus geschwungen wurde. Dies war natürlich das Christkindchen, welches in seiner goldenen Wiege eingehetscht wurde.“
Vor allem für die Jüngsten scheint das Ganze ein spektakuläres Ereignis gewesen zu sein, ist Elise Gleichmanns Aufzeichnungen zu entnehmen: „Die Kinder sahen atemlos zur Höhe empor, ob das liebe Christkind nicht aus seiner Wiege geschleudert würde oder von dessen goldenem Kleidchen sich nicht möglicherweise ein Stückchen losreißen und herabfallen würde. Ich selbst stand als Kind stets dabei, um in heiligem Schauer dem weihevollen Vorgang beizuwohnen. Wenn man dann ganz aufgeregt heimkam, hatte das Christkind beschert.“
Die Freunde der Plassenburg laden alle Bürger ein, sich das Schauspiel aus der Nähe anzusehen: Das Christkindchenwiegen soll nämlich ein richtiges kleines Fest für die Kulmbacher werden. Der Musikverein Burghaig spielt weihnachtliche Weisen. Dazu verteilen die Vereinsmitglieder Glühwein und Kinderpunsch sowie Hobelspäne, ein kürzlich wiederentdecktes Kulmbacher Traditionsgebäck, das „Grünwehrbeck“ Sebastian Groß eigens für diesen Anlass herstellt.
Die Leckereien gibt es kostenlos, wer möchte, darf den Verein mit einer kleinen Spende ins Sparschwein unterstützen.Bei guten Wetterbedingungen findet das gesamte Programm auf dem Rondell statt, falls ein kalter Wind pfeift, wird ein Teil in den geschützteren Schönen Hof verlegt. Peter Weith: „Wir wünschen uns viele Gäste, damit aus dem alten Brauch ein neuer Brauch wird.“ Wenn die Idee gut ankomme, könne man das in Zukunft noch ausbauen. „Es ist uns sehr wichtig, Traditionen
weiterzuführen.“